Physiologie

Das Auge

Unser Auge dient zur Wahrnehmung von elektromagnetischer Strahlung im Wellenlängenbereich des Emissionsspektrums der Sonne. Der wahrnehmbare Reiz für dieses Sinnesorgan entsteht beim Menschen durch elektromagnetische Strahlung mit einer Wellenlänge zwischen etwa 380 nm und 780 nm und ist für Tag- und Nachtsehen etwas unterschiedlich. In den Fotorezeptoren des Auges erzeugen die absorbierten Lichtwellen Änderungen der Erregung in den ableitenden Nervenbahnen. Das Auge steht am Anfang der Sehbahn, die im Gehirn diese Erregungsänderung zum visuellen Cortex weiterleitet. Dort und in anderen übergeordneten Zentren werden die vom Auge stammenden Erregungsmuster schließlich zu optischen Wahrnehmungen verarbeitet.



Fotorezeptoren

Den Fotorezeptorzellen kommt unter den Zellen der Netzhaut eine besondere Bedeutung zu, weil sie den eigentlich lichtempfindlichen Zelltyp darstellen. Grundsätzlich unterscheidet man in der Netzhaut zwischen zwei Zelltypen: Stäbchen und Zapfen. Die Stäbchen sind auf das Sehen bei schwacher Beleuchtung spezialisiert (skotopisches Sehen), die Zapfen sind für das Farbsehen (photopisches Sehen) verantwortlich.

Menschen sind Trichromaten, d.h. sie besitzen drei Zapfenarten mit unterschiedlichen Absorptionsmaxima. Vereinfacht kann man sagen, dass es rotempfindliche, grünempfindliche und blauempfindliche Zapfen gibt. Das Nervensystem kombiniert die Signale der drei Zapfenarten, um Licht einer bestimmten Spektralverteilung eine Farbe zuzuordnen.

Die Zapfen sind weniger lichtsensitiv als die Stäbchen. Deshalb verändert sich das Farbempfinden bei Nacht. Wir sehen weniger Farben und mehr Helligkeitsunterschiede: Nachts sind alle Katzen grau.

(Zum Merken: mit den Stäbchen sieht man schwarz/weiß, mit den Zapfen Farben).




Während also die Stäbchen ausschließlich auf Hell-Dunkel-Kontraste reagieren und somit für das Nachtsehen verantwortlich sind, registrieren die drei verschiedenen Arten von Zapfen die spektrale Farbvalenz. Jede Art dieser Zapfen hat eine spezifische spektrale Empfindlichkeit.


L-Zapfen (L für Long) sind für längere Wellenlängen empfindlich. Das Absorptionsmaximum liegt etwa bei 560 nm, was einem grünlichen Gelb entspricht.
M-Zapfen (M für Medium) sind empfindlich für mittlere Wellenlängen. Das Absorptionsmaximum liegt hier bei etwa 530 nm, entsprechend einem Gelbgrün.
S-Zapfen (S für Short) sind für kürzere Wellenlängen empfindlich. Das Absorptionsmaximum liegt etwa bei 420 nm, einem Blau. S-Zapfen sind beim Menschen nur mit einem Anteil von 12 Prozent aller Zapfen vertreten.

Zapfen unterscheiden keine Wellenlängen direkt. Das Absorptionsspektrum der Zapfen gibt lediglich die Wahrscheinlichkeit an, mit der Licht einer bestimmten Wellenlänge ein Aktionspotential auslöst. Ein Aktionspotential kann von einem Photon mit der Wellenlänge A ausgelöst worden sein, aber auch von einem Photon mit der Wellenlänge B. Um also Farben zu unterscheiden, muss das Gehirn die Antworten von mindestens zwei verschiedenen Zapfentypen vergleichen. Je mehr Zapfentypen vorhanden sind, desto größer sind die Unterscheidungsmöglichkeiten.


Das visuelle System

Das visuelle System ist der Teil eines Nervensystems, der mit der Verarbeitung von visueller Information beschäftigt ist. Das visuelle System umfasst das Auge mit Netzhaut (Retina), den Sehnerv, Teile des Thalamus und des Hirnstamms sowie die Sehrinde.

Der optische Apparat des Auges (durchsichtige Hornhaut, Augenkammern, Iris, Linse, Glaskörper) erzeugt auf der Netzhaut ein auf dem Kopf stehendes und seitenverkehrtes Bild der Umgebung im Gesichtsfeld.

Die Fovea ist die Stelle mit der größtmöglichen Abbildungsschärfe. Das Auge kann aber nur während der Verweildauer von etwa 0,2 bis 0,3 Sekunden auf einem solchen Fixationspunkt verharren (Optokinetischer Nystagmus).

Von der Fovea gehen rund 50% des Sehnervs (unten in Gelb) zum Sehzentrum. Die restlichen 50% des Sehnervs sind für das periphere System reserviert, das bis zu 90 komprimierte Bilder des Sehfelds pro Sekunde erfasst.




Die Lichtreize werden von den Sinneszellen der Retina, den Stäbchen und Zapfen, registriert. Sie bilden ein Membranpotenzial, das über bipolare Zellen an Ganglienzellen weitergeleitet wird, wo Aktionspotenziale ausgelöst werden. Die Fortsätze der Ganglienzellen bilden den II. Hirnnerv (N. opticus), der die Aktionspotenziale weiterleitet.

Die Sehbahn leitet die Aktionspotenziale zur Sehrinde: Nach Eintritt in die Schädelhöhle kreuzen die Nervi optici beider Augen in der Sehnervenkreuzung (Chiasma opticum). Ungekreuzt weiter verlaufen die äußeren (temporalen) Fasern, während die inneren (nasalen) zur Gegenseite kreuzen. Auf die Weise verlaufen die Fasern der linken Netzhauthälfte beider Augen in die linke Hirnhälfte und die der rechten Netzhauthälften in die rechte. In den beiden Tractus optici verlaufen diese Nervenfasern zu den seitlichen Kniehöckern Corpus geniculatum laterale des Thalamus, von wo sie über die breit gefächerte Sehstrahlung (Radiatio optica) zur Sehrinde (visueller Cortex) weitergeleitet werden.



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